Gemeinsames Symposium mit der Deutschen Bundesbank
Aus Anlass des Wechsels an der Spitze der Stiftung Geld und Währung haben die Bundesbank und die Stiftung am 15. Juni 2016 im Hause der Bundesbank ein gemeinsames Symposium ausgerichtet. Unter dem Generalthema Preis- und Finanzstabilität: "Der Primat der Politik, der rechtliche Rahmen und das 'ökonomische Gesetz'" debattierten rund 100 Ökonomen und Juristen über die Wechselwirkungen von Preis-und Finanzstabilität vor dem Hintergrund der aktuellen Problemlage im Euro-Raum und der zukünftigen Herausforderungen.
Mit dem Symposium verbunden war die Ehrung des bisherigen Vorsitzenden des Stiftungsvorstands, Dr. Willy Friedmann, und des ehemaligen Vorsitzenden des Stiftungsrats, Prof. Dr. Herrmann Remsperger, die ihre Stiftungsfunktionen im vergangenen Jahr an Gerhard Ziebarth bzw. Prof. Dr. Thomas M. J. Möllers übergeben hatten.
Im Namen des Bundespräsidenten wurde in einem besonderen Festakt Prof. Remsperger durch den Bundesbankpräsidenten Dr. Jens Weidmann das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Stiftung im Dienste der Forschungsförderung
In seinem Vortrag schilderte der amtierende Vorsitzende des Stiftungsrats, Prof. Möllers, die Entwicklung der Stiftung seit ihrer Gründung im Jahre 2002. Dabei erinnerte er zunächst an die Entstehungsgeschichte und den gesetzlichen Auftrag der Stiftung, "das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedeutung stabilen Geldes zu erhalten und zu fördern"
. Dabei unterstützt, so Möllers, die Stiftung die "wirtschaftswissenschaftliche und juristische Forschung auf dem Gebiet des Geld- und Währungswesens"
mit einer ganzen Reihe konkreter Förderprojekte, wobei die interdisziplinäre Forschung einen besonderen Stellenwert einnimmt.
Auch mit Blick auf die nächste Dekade, versicherte Möllers, werde die Stiftung ihrer Grundphilosophie treu bleiben. "Der stabilitätspolitische Weg der Europäischen Zentralbank muss immer wieder erklärt und eingefordert werden; gerade wegen der Unabhängigkeit der Notenbank gehört die wissenschaftlich kritische Begleitung unverzichtbar dazu... Das ist und bleibt auch künftig Aufgabe der Stiftung Geld und Währung"
.
Bewusstsein für Bedeutung der Preisstabilität erhalten
Bundesbankpräsident Weidmann unterstrich in seiner Rede die Bedeutung der Preisstabilität auch in Zeiten niedriger Inflation. Angesichts der sehr niedrigen Preissteigerungsraten sieht er die Gefahr, dass bei den Bürgern das Bewusstsein für die Bedeutung stabiler Preise verloren geht. "Für die Notenbanken ist das nicht ungefährlich"
, warnte er.
"Wenn die Inflation wieder steigt und die geldpolitischen Zügel eigentlich angezogen werden müssten, könnte die Versuchung bestehen, mit Blick auf die hohen Staatsschulden auf eine Verschiebung der Zinserhöhung zu dringen"
, sagte Weidmann. Eine stabilitätsorientierte Geldpolitik werde dann "die ganze Unterstützung der Bevölkerung benötigen, die sie bekommen kann"
. Aus historischer Sicht betrachtet, so Weidmann, sei Preisstabilität nicht als Geschenk, sondern als Lohn für viel Überzeugungsarbeit und konsequentes Handeln zu verstehen. "Stabile Preise mussten in der Vergangenheit immer wieder hart erarbeitet und verteidigt werden"
, erinnerte er. Anders als ein höherer Lohn oder eine geringere Steuerbelastung seien die Vorteile der Preisstabilität für den Einzelnen schwerer zu beziffern, sie kämen jedoch der gesamten Bevölkerung zu Gute. Zentralbanken befinden sich Weidmann zufolge daher in der ständigen Gefahr, unter Druck zu geraten, die Preisstabilität zu Gunsten anderer wirtschaftspolitischer Ziele zurückzustellen.
Schädlich ist Weidmann zufolge nicht nur eine zu hohe, sondern auch eine zu niedrige Inflationsrate. Gemessen an der offiziellen Definition von Preisstabilität sei die Inflation im Augenblick "eher zu niedrig als zu hoch". Der EZB-Rat spricht von Preisstabilität, wenn die Verbraucherpreise im Euroraum auf mittlere Sicht unter, aber nahe 2 % liegen.
"Unsere mittelfristige Definition von Preisstabilität erlaubt es uns derzeit abzuwarten, wie die unkonventionellen Maßnahmen wirken"
, erläuterte der Bundesbankpräsident. Zwar könne ein zu langes Unterschreiten der angestrebten Inflationsrate die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik beeinträchtigen. Einen solchen Vertrauensverlust sieht er gegenwärtig aber nicht. Auf lange Sicht hätten sich die marktbasierten Inflationserwartungen bei 1½ % stabilisiert, umfragebasiert lägen sie ohnehin dicht bei der angestrebten Preissteigerungsrate.
Weidmann mahnte in seinem Vortrag, den Nutzen unkonventioneller geldpolitischer Maßnahmen immer wieder mit den Risiken und möglichen Nebenwirkungen zu vergleichen. "Je länger die ultra-lockere Geldpolitik beibehalten wird, desto größer ist der mögliche Kollateralschaden"
, so Weidmann.
Aus dem Gebot der Transparenz und der Rechenschaftspflicht als unabdingbarem Pendant zur Unabhängigkeit ergäbe sich für eine Notenbank das Erfordernis, Entscheidungen analytisch und empirisch mittels ökonomischer Forschung zu untermauern. Deshalb hält Weidmann es für wichtig, "dass die Stiftung Geld und Währung viele Projekte unterstützt, die in ihrer Gesamtheit ein breites Methodenspektrum abdecken – von ökonomischen zu juristischen Herangehensweisen und von modernen Makromodellen zu Arbeiten über Institutionen wie den Stabilitätsrat oder über Regeln wie die Schuldenbremse."
Vorträge und Diskussionen zur Preis- und Finanzstabilität
Mit zwei Vorträgen über die Ergebnisse aktueller Förderprojekte der Stiftung Geld und Währung beleuchteten Dr. Carsten-Patrick Meier, Geschäftsführer von Kiel Economics, sowie Prof. Dr. Isabel Schnabel, Universität Bonn und Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, unterschiedliche Aspekte des Themas Preis- und Finanzstabilität.
Meier beschäftigte sich in seinem Vortrag mit makroökonomischen Auswirkungen der langen Niedrigzinsphase. Dazu stellte er Ergebnisse einer Modellanalyse über die Auswirkungen unterschiedlich starker Zinssenkungen auf die Realwirtschaft in Deutschland vor. Schnabel ging in ihren Ausführungen auf das Verhältnis von Preisstabilität und Finanzstabilität ein. Darüber hinaus erörterte sie die Frage, ob Geldpolitik und Bankenaufsicht im Euroraum wieder getrennt werden sollten.
Bundesverdienstkreuz 1. Klasse für Professor Dr. Hermann Remsperger
Für sein langjähriges Wirken als Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Geld und Währung sowie auf Grund seiner zahlreichen ehrenamtlichen Tätigkeiten im wissenschaftlichen, sozialen und kommunalen Bereich erhielt Herr Prof. Dr. Hermann Remsperger aus den Händen des Bundesbankpräsidenten Dr. Jens Weidmann am 15. Juni 2016 auf dem zu seiner Ehrung ausgerichteten Symposium der Bundesbank und der Stiftung Geld und Währung im Namen des Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland.
Weidmann würdigte den früheren Bundesbankvorstand Remsperger als "Gücksfall für die Stiftung"
. Der amtierende Stiftungsratsvorsitzende, Prof. Möllers, hob das "immense Engagement"
und den nachhaltigen Erfolg hervor, mit dem Herr Remsperger zusammen mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Dr. Willy Friedmann, "in geradezu wunderbarer Symbiose"
die strategische Ausrichtung und die operativen Geschäfte der Stiftung konzipiert und umgesetzt haben. "Für diesen hohen, selbstlosen Arbeitseinsatz möchte ich Ihnen stellvertretend für alle Mitglieder des Vorstands und des Stiftungsrats, lieber Herr
Dr.
Friedmann und lieber Herr
Prof.
Remsperger, ganz, ganz herzlich danken"
, so Möllers in seiner Dankesrede.
Remsperger war an zentraler Stelle von Anfang an maßgeblich beteiligt an der Aufbauarbeit und der Weiterentwicklung der Stiftung. Sein unermüdliches Eintreten für die Ziele der Stiftung und hier vor allem seine Überzeugungskraft für das gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Ziel der Preisstabilität haben ihren konkreten Niederschlag in vielen wissenschaftlichen Förderprojekten gefunden. Hierbei war es ihm ein besonderes Anliegen, die wirtschaftswissenschaftliche und die rechtswissenschaftliche Forschung in einer gemeinsamen Forschungsstrategie zusammenzubringen. Besonders deutlich zeigt sich dieser interdisziplinäre Ansatz im Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. "Der hohe Sachverstand, den Herr Remsperger hier einbringen konnte, war mit Sicherheit eine conditio, gepaart mit der Beharrlichkeit des Bankiers und vor allem einer persönlichen Bescheidenheit im Auftritt"
, so Möllers über das "Erfolgsrezept" von Herrn Remsperger.
Sichtlich bewegt von seiner Auszeichnung und der Laudatio bedankte sich Remsperger mit der für ihn charakteristischen Weise: "Der Erfolg hat viele Väter und natürlich auch viele Mütter"
. Mit Blick auf die erweiterten Aufgaben der EZB im Bereich der mikro- und makroprudenziellen Aufsicht fand der Geehrte deutliche Worte: "Die Fülle der Macht kann längerfristig zum politischen Risiko für die Unabhängigkeit werden"
. Hier gelte wohl auch das Goethe-Bild in angewandter Form: "Drei Seelen wohnen, ach, in ihrer Brust, die eine will sich von den anderen trennen"
.